1000 Jahre Wochenmarkt
Das legen Veröffentlichungen des Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchives nahe (Anmerkung 1, ganz unten). Die Lage an einer Handelsstraße, der Bau der Willigisbrücke über den Main (fertig im Jahr 989) (2), schließlich die Ortsangabe „am Markt“ („in foro“) in einer Urkunde des Jahres 1144 (3) sind die frühesten Hinweise auf Markttätigkeiten in Aschaffenburg. Der Verkündigungsbrief des Marktrechtes (ausgestellt von Erzbischof Berthold von Henneberg, 1504) verlangte, dass von durch die Stadt transportierten Waren „… ein bestimmter Teil hier zu einem geringeren Preise als dem Marktpreise feilgehalten waren mußte..“ (4). Genannt wurden u.a. Mehl, Eier, Feld- und Gartenfrüchte, Butter und Käse.
Seit dem Jahr 1685 ist neben dem Samstag auch der Mittwoch offizieller Markttag. Waren wurden vor der Stiftskirche und in den Straßen der Stadt verkauft. Der damalige „Viktualienmarkt“ kannte im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Standorte. Vom Stiftsplatz zog er aus Platzmangel auf den Karlsplatz und 1835 in den Landing. Dort erstand sogar eine Markthalle mit Platz für 80 bis 100 Marktbeschicker (Bild 1). Erstmalig im Dezember 1871 wurde dort ein Gemüsemarkt abgehalten. Daneben gab es Verkaufsstände in der Luitpoldstraße (Bild 2 und 3) und vor dem Schloss.
Deutliche Einschnitte brachten die Kriegsjahre, hier speziell 1944. Lebensmittelknappheit und -rationierung führten zur Einstellung des Wochenmarktes. Und am 21. November zerstörten Fliegerbomben die Markthalle teilweise. Dem vorläufigen “Aus” folgte das endgültige: Die Ruine wurde im Jahr 1968 für den Bau des Landingtunnels abgerissen. (5)
Doch der Markt selbst überlebte. Am 3. Juli 1948, einem Samstag, fand erstmalig nach dem Krieg wieder ein Wochenmarkt statt; Standort war vor dem Schloss.
Ab 1949 war der Verkauf von Tischen aus vorgeschrieben; die Präsentation der Waren auf dem Boden oder dem Marktkarren gehörte der Vergangenheit an.
In den Folgejahrzehnten wechselte der Markt mehrfach seinen Standort. So zog er vom Schloss vor den Marstall, später an die Alexandrastraße.
1987 fand der Wochenmarkt Quartier auf einem freien Platz vor dem Rathaus. Am heutigen Standort wuchsen Stadthalle und Stadtbibliothek erst in den Untergrund und dann in die Höhe. Nach der Fertigstellung – und dem ersten Fischmarkt zur Feier des Bauabschlusses – zog der Markt Ende Mai 1992 auf den jetzigen Marktplatz zurück.
Im Herzen der Stadt, direkt vor Stadthalle und der beeindruckenden Kulisse des Renaissanceschlosses Johannisburg, liegt nun der endgültige Standort.
Diese „gute Stube“ der Stadt möchten auch andere nutzen. So lösen regelmäßige Marktverlegungstage aufgrund von Veranstaltungen den Unmut der Marktbeschicker aus – zumindest diese Sorge hatte sich bei allen Einschränkungen der Corona-Zeiten minimiert.
Sortiment und Logistik
Lebensmittel: Auch während des Corona-Lockdowns durften sie jederzeit auf dem Markt verkauft werden. Blumenverkauf hingegen war im April 2020 für kurze Zeit ausgesetzt – ein Novum in der langen Marktgeschichte.
Märkte waren seit jeher Handels- und Logistik-Drehscheibe. Der Verkündigungsbrief zum Marktrecht aus dem Jahr 1504 bestätigt den Verkauf von Mehl, Eiern, Rauchfleisch, Fisch, natürlich von Feld- und Gartenfrüchten, aber auch von Holz und Kohlen. Zuvor waren 1311 ein Brotmarkt, 1343 ein Fleischmarkt und 1365 ein Milchmarkt genannt worden. Dazu gab es Sondermärkte, etwa für Heu und Salz. Das spätere „Kornhäuschen“ diente dem Verkauf von Getreide und Mehl. (6) Und was wohl wurde im heutigen “Roßmarkt” verkauft?
Alle Waren mussten geliefert werden.
Ein Zollregister von 1544 hält fest, wie Korn, Weizen, Rüben und Kraut aus Dieburg, Groß-Umstadt und Wenigumstadt zum Verkauf nach Aschaffenburg gebracht wurden, ebenso Waren aus Großostheim und dem östlichen Einzugsgebiet bis Laufach und Waldaschaff. Weine kamen aus Obernburg, Klingenberg und Wörth.
Transportiert wurden sie auf Ochsenkarren, Handwägen oder in Marktkörben. Fahrzeuge zahlten ein Straßengeld. Wägen mussten abgestellt und Tiere versorgt werden. Der Markt war ein erheblicher Wirtschaftsfaktor.
Ein Marktmeister überwachte die Einhaltung von Maßen und Gewichten sowie die Qualität der Waren. Als Entgelt erhielt er beispielsweise „Von jedem Korbe Obst oder Gemüß… 1 Pfennig“ und „Von jedem Wagen Kraut zwei Häupter“. (7)
Berichterstattung
Lange Zeit waren Preise für Lebensmittel reguliert. Sie wurden im „Amtlichen Anzeiger“ in den damaligen Zeitungen offiziell bekannt gegeben. Das waren das „Aschaffenburger privilegirtes Intelligenzblatt“ (ab 1786, ab 1818 „Aschaffenburger Wochen-Blatt“), die „Aschaffenburger Zeitung“ (ab 1824) und der „Beobachter am Main“ (ab 1905). (8)
Amtliche Nachrichten wurden ergänzt durch Preis- und Markt-Beobachtungen. Danach kosteten im Oktober des Geldentwertungsjahres 1923 ein Pfund Kartoffeln 5,4 Millionen Mark und ein Blumenkohl 5 bis 30 Millionen Mark. Festgehalten wurde auch, dass die „Zufuhr auf dem Markte“ nur gering war. (9)
Nach Rationierung und Zuteilung über Lebensmittelkarten in den Kriegs- und Nachkriegsjahren nahm der Marktbericht in den Fünfziger Jahren neuen Schwung. Thema waren nunmehr die freien Preise. So berichtet das „Main-Echo“ vom 21. Januar 1950, dass ein Blumenkohl mit 60 bis 70 Pfennig … und Suppengrün mit 10 Pfennig gehandelt wurde. Eier kosten je nach Größe 18 bis 20 Pfennig. (10)
Ab 1959 führte die Volontärin und spätere Redakteurin Barbara Schmidt als „Marktbärbel“ die Kolumne „Marktbericht“ ein. Sie berichtete über Beobachtungen, Sprüche, Angebote und natürlich die Preise auf dem Wochenmarkt, eingeschlossen Rezepte.
Nach fast drei Jahrzehnten und Beiträgen wechselnder Autoren wurde sie von Main-Echo-Mitarbeiter Dr. Wolfgang Tulaszewski abgelöst.
Seit 1997 spürt hauptsächlich Dora Lutz-Hilgarth, Kürzel „luhi“, dem Aschaffenburger Marktgeschehen nach, freundlich vertreten von Main-Echo Redakteuren, wie Jürgen Overhoff, von Mitarbeiterin Melanie Pollinger und anderen.
- Rund um den Aschaffenburger Wochenmarkt, Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Sonderheft 3, Heft 7, Mai 1992
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A.a.O. S. 357, Wochenmarkt in Aschaffenburg, von Carsten Pollnick
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A.a.O. S. 354, Die erste urkundliche Erwähnung des Aschaffenburger Marktes (1144), von Hans-Bernd Spies
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A.a.O. S. 358, Anmerkung 3
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A.a.O. S. 378 ff, Markt-Chronik, von Renate Welsch
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A.a.O. S. 389 ff, Markt-Chronik, von Renate Welsch
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A.a.O. S. 382 f, Markt-Chronik, von Renate Welsch
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Von Tag zu Tag, Zeitungsgeschichte und Zeitgeschehen am bayerischen Untermain, Verlag und Druckerei Main-Echo, Aschaffenburg 1995, S. 14 ff
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aus „Mitteilungen…, “Viktualienpreise im Vergleich“, von Werner Krämer, S. 404
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A.a.O. S. 406